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Department of Economics

«Entscheidungen von heute formen die KI der Zukunft»

KI wird nicht automatisch zum Wohl der Allgemeinheit eingesetzt werden, betonte Nobelpreisträger Daron Acemoğlu in seinem Vortrag an der UZH. Es sei wichtig, heute angemessene Regulierungen zu treffen.

Die Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz (KI) hat in letzter Zeit fast jeden Wirtschaftssektor umgetrieben, denn KI wirft tiefgreifende Fragen über die Zukunft von Arbeit, Wohlstand und Macht auf. Wird KI die Intelligenz und Leistungsfähigkeit der Menschen verbessern? Oder wird sie die Ungleichheit vertiefen und weiterhin die Macht einiger weniger Privilegierter festigen? Diese drängenden Fragen standen im Mittelpunkt des Vortrags von MIT-Volkswirtschaftsprofessor und Nobelpreisträger Daron Acemoğlu an der Universität Zürich, in dem er die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen des KI-getriebenen technologischen Wandels darlegte.

Der Abend begann mit einer herzlichen Einführung von Ernst Fehr, Professor am Department of Economics der Universität Zürich und Direktor des UBS Center for Economics in Society, das den renommierten Gast eingeladen hatte. Acemoğlu betrat anschliessend die Bühne und gab Einblicke in sein 2023 veröffentlichtes Buch «Power and Progress», in dem er die vorherrschenden Narrative des technologischen Determinismus in Frage stellte. Er argumentierte, dass die Zukunft der KI nicht vorherbestimmt sei – sie werde durch die Entscheidungen geformt, die wir heute treffen.

Automatisierung und Ungleichheit

Acemoğlu präsentierte eine Reihe technologischer Durchbrüche aus der jüngeren Vergangenheit, die zunächst Wohlstand und Macht in den Händen weniger Personen konzentrierten, bevor sie so eingesetzt wurden, dass sie der Gesellschaft insgesamt zugutekamen. Er widersprach der Vorstellung eines «Automatismus der Produktivitätssteigerung» (productivity bandwagon), wonach technologische Fortschritte automatisch die Produktivität steigern und der Allgemeinheit zugutekommen würden.

Auf die Frage, wann technologischer Fortschritt zu geteiltem Wohlstand geführt habe, antwortete er: «Technologie hat nicht nur zu mehr Automatisierung geführt, Technologie schuf auch neue Aufgaben», und präzisierte dann: «Ein Grossteil der aktuellen Ungleichheit in den USA hängt damit zusammen, wie wir Maschinen einsetzen und wie wir automatisieren. Die Automatisierung im digitalen Zeitalter hält nicht, was sie verspricht.»

Angemessene Regulierungen

Acemoğlu stellte seine differenzierten Forschungsergebnisse der weit verbreiteten Begeisterung über einen potenziellen wirtschaftlichen Aufschwung durch die grossflächige Einführung generativer KI gegenüber und warnte vor den Risiken, die ohne angemessene Schutzmassnahmen und durchdachte Regulierung entstehen können.

«Irgendwie profitieren wir nicht von den Vorteilen der Technologie. Warum profitieren wir nicht davon? Ich denke, ein Teil des Problems liegt darin, dass wir die Technologie nicht optimal nutzen. Der beste Weg, Technologie zu nutzen, besteht darin, die Produktivität der Arbeitnehmenden zu steigern», erklärte Acemoğlu.

Als Beispiel führte Acemoğlu die Beobachtung an, dass in vielen Branchen die «Selbstbedienungskassen», wie er sie nannte, nur gerade mittelmässige «so lala Automatisierungen» seien, die nur begrenzte Produktivitätsvorteile böten und kaum revolutionär seien.

Das Verständnis der Art und Weise, wie wir Technologie wie die Automatisierung falsch einsetzten, sei entscheidend, betonte er. Ohne dieses Wissen werde es nicht möglich sein, die Auswirkungen auf Löhne, Ungleichheit und den Rückgang des gemeinsamen Wohlstands vollständig zu erfassen.

Wer die Technologie kontrolliert, hat die Macht

Seit den Anfängen der Computertechnik habe den innovativen Köpfen eigentlich vorgeschwebt, eine Technologie zu entwickeln, die den Einzelnen stärke. Und sie hätten schon früh vor dem Bestreben von Unternehmen gewarnt, die Kontrolle über die Technologie an sich zu reissen – eine Sorge, die sich in den letzten Jahren bewahrheitet habe: Heute spiele eine Handvoll Technologieführer eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Richtung der KI für die übrigen acht Milliarden Menschen. «Ich denke, es besteht die Gefahr, dass KI-Fortschritte – selbst wenn sie sich materialisieren – am Ende nur einem eher engen Segment der Gesellschaft, einer technologischen Elite, zugutekommen könnten», sagte Acemoğlu.

Bessere KI für den Wohlstand aller

Auch wenn noch unklar ist, in welche Richtung sich die KI-Technologie zum Wohle der ganzen Gesellschaft entwickeln sollte, bleibt Acemoğlu zuversichtlich. Er hält eine Neuausrichtung der KI nach wie vor für möglich – analog zur Entwicklung des Sektors der erneuerbaren Energien. Für ihn ist klar, dass KI richtig reguliert werden muss, damit sie in Zukunft allen den vollen Nutzen bringt. «Es braucht eine demokratische Debatte darüber, in welche Richtung sich die KI entwickeln soll. Wir sollten darauf bestehen, dass eine Neuausrichtung machbar ist», schloss Acemoğlu seinen Vortrag.

Die anschliessende lebhafte Fragerunde zeigte das grosse Interesse des Publikums an einem intensiven Austausch über die zentrale Frage, wie Gesellschaften technologische Fortschritte für integratives Wachstum nutzen können.

Vortrag Daron Acemoglu

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