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Andreas I. Mueller ist Professor für Makroökonomie und Arbeitsmärkte am Department of Economics und Affiliated Professor am UBS Center. Er arbeitet in den Bereichen Konjunkturzyklen, Arbeitsmärkte, Arbeitslosenversicherung und Suchverhalten bei der Jobsuche.
Andreas I. Mueller, können Sie uns einen kurzen Überblick über Ihr aktuelles Forschungsprojekt geben?
Meine Forschung konzentriert sich darauf, den Prozess der Jobsuche und -findung sowie das Zusammenspiel dieser individuellen Entscheidungen mit makroökonomischen Kräften zu verstehen. Eines meiner aktuellen Forschungsprojekte, „Die makroökonomischen Auswirkungen von Verlängerungen der Arbeitslosenversicherung bei kurzer und langer Dauer“, ist ein gutes Beispiel dafür: Wir versuchen zu ermitteln, welche Auswirkungen eine grosszügigere Arbeitslosenversicherung auf den gesamten Arbeitsmarkt hat.
Auf welche spezifischen Themen oder Fragen konzentrieren Sie sich?
Traditionell hat sich die Forschung darauf konzentriert, das Ausmass der Anreizeffekte der Arbeitslosenversicherung auf individueller Ebene zu schätzen. Wir hingegen schätzen, wie sich Änderungen in der Grosszügigkeit der Arbeitslosenversicherung auf die gesamtwirtschaftliche Arbeitslosenquote auswirken, wobei allgemeine Gleichgewichtseffekte wie die Einstellungsentscheidungen von Unternehmen oder keynesianische Stimuli berücksichtigt werden. Wir stellen fest, dass die Arbeitslosigkeit tatsächlich ansteigt, wenn die Arbeitslosenversicherung grosszügiger wird.
In Ihrer Forschung untersuchen Sie auch die Faktoren, die Langzeitarbeitslosigkeit beeinflussen. Welche Schlüsselfaktoren haben Sie als besonders einflussreich identifiziert und was sind die Implikationen für die Arbeitsmarktpolitik?
Das Bestehen von Langzeitarbeitslosigkeit ist eine wichtige Herausforderung in vielen Arbeitsmärkten, insbesondere in Zeiten von Rezessionen, in denen sie stark ansteigt. Langzeitarbeitslosigkeit wird typischerweise als Arbeitslosigkeit definiert, die länger als sechs Monate andauert. Die Faktoren, die dazu führen, dass Menschen langzeitarbeitslos werden, sind noch wenig verstanden. Sozioökonomische Faktoren wie Bildungsstand oder Einkommen sind beispielsweise nur schwach mit der Wahrscheinlichkeit verbunden, langzeitarbeitslos zu werden.
Warum stehen sozioökonomische Faktoren im Zusammenhang mit Langzeitarbeitslosigkeit?
In einem kürzlich durchgeführten Forschungsprojekt untersuchen wir mithilfe unglaublich reichhaltiger administrativer Daten und maschineller Lernwerkzeuge, ob es möglich ist, die Wahrscheinlichkeit einer Person, langzeitarbeitslos zu werden, besser vorherzusagen. Wir stellen fest, dass die umfangreichen Daten es uns ermöglichen, die Wahrscheinlichkeit, langzeitarbeitslos zu werden, viel besser vorherzusagen. Besonders wichtige Faktoren hängen mit der Arbeitsmarktgeschichte und dem Gesundheitszustand der Personen zusammen. Dies hat wichtige Implikationen, da man potenziell diese Personen zu Beginn ihrer Arbeitslosigkeit besser mit Beratung zur Jobsuche oder anderen Arbeitsmarktprogrammen unterstützen könnte.
Was motiviert Sie persönlich, sich auf diese Themen zu konzentrieren?
Die Existenz von Arbeitslosigkeit – Menschen, die arbeiten möchten, aber keine Arbeit finden – steht im Widerspruch zum klassischen Paradigma von Angebot und Nachfrage in modernen Marktwirtschaften. Gleichzeitig hat Arbeitslosigkeit enorme individuelle Kosten in Bezug auf Einkommen, Konsum und psychisches Wohlbefinden. Aus makroökonomischer Sicht stellt Arbeitslosigkeit eine massive ungenutzte Ressource dar. Aus all diesen Gründen glaube ich, dass das Verständnis aller Faktoren, die Arbeitslosigkeit beeinflussen, und der Gründe, warum sie in Rezessionen so stark ansteigt, unglaublich wichtige Fragen sind.
Text von Maura Wyler / UBS Center