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Department of Economics

Das menschliche Streben nach Fairness und Gleichheit – Gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen und Politikimplikationen

Gelebte Interdisziplinarität:  Alumni der Soziologie, Politologie und Ökonomie füllten die Aula der Universität Zürich bis auf den letzten Platz, um den Ausführungen von Prof. Ernst Fehr über die Wurzeln des egalitären Strebens zu folgen. Anschliessend diskutierten die Jungpolitiker Ronja Jansen und Matthias Müller über die politischen Implikationen seiner Erkenntnisse.

In seinem Vortrag identifizierte Ernst Fehr die egalitären Wurzeln der Menschheit bereits in den Jäger- und Sammlergesellschaften, in denen kooperativ gejagt und die Nahrung egalitär geteilt wurde, auch mit kranken und verletzten Mitgliedern der Gruppe. Er beschrieb soziale Normen gegen Machtstreber, die es den Frauen erlaubten, sich ungeschoren über überambitionierte Mitglieder der Gruppe lustig zu machen.

Drei Typen von Gleichheitspräferenzen

Das Department of Economics und insbesondere Ernst Fehrs Forschungsbereich kann auf einen grossen Fundus von empirischen und experimentellen Daten zum Thema Fairnesspräferenzen zurückgreifen. Seinem Vortrag schickte er die Erkenntnis voraus, dass die meisten Menschen davon ausgehen, dass die Mehrheit egoistisch ist. Diese – falsche – Grundannahme hat bereits Auswirkungen darauf, wie Transferleistungen und Steuern aufgesetzt werden. Seine Forschung identifiziert drei circa gleich grosse Gruppen: Die klassischen Egoisten, Ungleichheitsaverse, die eine Abneigung gegen nachteilhafte und vorteilhafte Ungleichheit haben, und die Altruisten, die nur eine Abneigung gegen vorteilhafte Ungleichheit haben, aber nie Einkommen von Anderen reduzieren würden, um Gleichheit zu erhöhen.

Gemischte Motive und unterschiedliche Beurteilung von Ungleichheit

Wenn nun also 2/3 der Bevölkerung ungleichheitsavers ist, warum werden Umverteilungsinitiativen an der Urne immer wieder abgelehnt? Dazu hat er eine Studie vorgestellt, die zeigt, dass Altruisten auch egoistische Motive haben und Kosten von Initiativen mitbedenken. Und, nicht jede Ungleichheit wird als unfair empfunden. So zeigen Untersuchungen, dass externe und unverschuldete Ungleichheit, z. B. durch die Geburtslotterie, Krankheit, etc. für viele Menschen Transfermassnahmen rechtfertigen. Wenn die Ungleichheit jedoch als selbstverschuldet gesehen wird ist die Bereitschaft zur Reduktion geringer.

Die ehemalige Präsidentin der JUSO Schweiz, Ronja Jansen, griff in der Podiumsdiskussion die Frage auf, warum sich das Menschenbild so stark von der Realität unterscheidet, also in der Gesellschaft viel weniger Ungleichheitsaversion vorhanden ist als angenommen. Die Wurzel sieht sie darin, dass die Idee des „egoistischen Menschen“ als Machtrechtfertigung genutzt werden kann.

Matthias Müller (Jungfreisinnige Schweiz, FDP) ging der Wandelbarkeit der Begriffsdefinition von Fairness, Gleichheit und Gerechtigkeit nach, und wie Fairnessüberlegungen in die politische Diskussion über die Erhöhung des Rentenalters integriert werden müssten; z. B. dadurch, dass nach geleisteten Arbeitsjahren und Arbeitsart (körperlich vs. geistig) differenziert wird.

In der angeregten Diskussion wurden vergangene und kommende politische Abstimmungen unter dem Blickwinkel der Erkenntnisse aus Ernst Fehrs Vortrag analysiert. Beiträge aus dem Publikum zur Zusammensetzung der drei Gruppen, dem Potential einer Erbschaftsteuer zur Reduktion von Ungleichheit sowie Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung von Primaten ergänzten den interessanten Abend.

 

Veranstaltungsprogramm

Referat von Ernst Fehr, Professor of Economics

Gespräch von Ernst Fehr mit:

  • Ronja Jansen, eh. Präsidentin JUSO Schweiz und Mitglied Landrat Basel-Landschaft
  • Matthias Müller, Präsident Jungfreisinnige Schweiz und Vizepräsident FDP Kanton Zürich
  • Moderation: Silja Häusermann, Professorin für Schweizer Politik und Vergleichende politische Ökonomie am Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich.
  • Einleitung: Dr. Doris Aebi, Alumni Chapter Soz.

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