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Department of Economics

Neue Perspektiven zur Besteuerung von Kapitalgewinnen

Eine neue Studie zur Besteuerung von Kapitalgewinnen von Florian Scheuer,  Professor of Economics of Institutions, zusammen mit Mark Aguiar und Benjamin Moll, eröffnet neue Perspektiven zur Betrachtung der Besteuerung von Kapitalgewinnen und Vermögen in einer Zeit von schwankenden Finanzmärkten.

Text von Maura Wyler / UBS Center

Wie sollen die Reichen besteuert werden? Dazu kursieren verschiedene Ideen, die unterschiedliche Methoden vorschlagen. Traditionelle Steuermodelle verfehlen oft ihr Ziel, da sie nicht berücksichtigen, wie sich Vermögenspreise im Laufe der Zeit ändern. Diese Studie schliesst diese Lücke und liefert Erkenntnisse, die zukünftige Steuerpolitik umgestalten könnten.

Derzeit können wohlhabende Personen von steigenden Vermögenspreisen profitieren, ohne sofort Steuern auf diese Gewinne zu zahlen. Zum Beispiel steigt Jeff Bezos Vermögen, wenn der Aktienkurs von Amazon steigt, aber er zahlt erst Steuern, wenn er diese Aktien verkauft. Viele wohlhabende Personen nutzen dies aus, indem sie gegen ihre aufgewerteten Vermögenswerte Kredite aufnehmen und so sofortige Steuerverpflichtungen vermeiden.

Die Autoren betonen die Wichtigkeit, sich auf realisierte Transaktionen zu konzentrieren, anstatt den Wert der gehaltenen Vermögenswerte zu besteuern. Sie argumentieren, dass die Steuerpolitik an die verschiedenen Gründe hinter Vermögenspreisschwankungen, wie Marktbedingungen und Investorenstimmung, und nicht nur an die Erträge angepasst werden sollte.

Ihre Forschung legt nahe, dass Steuersätze flexibel sein müssen. Wenn Vermögenspreise steigen, sollten Steuern diejenigen treffen, die von dem Verkauf ihrer Vermögenswerte profitieren, während sie denen, die zu höheren Preisen kaufen, eine gewisse Erleichterung bieten. Sie empfehlen auch, Schlupflöcher wie die «step-up in basis»-Regel zu schliessen, die es wohlhabenden Personen ermöglicht, Kapitalertragsteuern zu vermeiden, indem sie gegen ihre Vermögenswerte Kredite aufnehmen, anstatt sie zu verkaufen.

Wie die Reichen Steuerverpflichtungen minimieren
Ein Artikel in der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) verweist auf die neue Studie und beleuchtet, wie superreiche Personen es schaffen, minimale Steuern auf ihre Gewinne zu zahlen. Wohlhabende Menschen haben oft erhebliche Kapitaleinkünfte, die niedriger besteuert werden als gewöhnliches Einkommen. Ausserdem können sie gegen ihre Vermögenswerte Kredite aufnehmen, ohne diese zu verkaufen, und so die Steuern auf unbestimmte Zeit aufschieben. Diese Strategie, bekannt als «buy, borrow, die», ermöglicht es ihnen, Vermögenswerte mit minimaler Steuerbelastung aufgrund einer Anpassung der Bemessungsgrundlage bei Tod an ihre Erben weiterzugeben.

Der FAZ-Artikel diskutiert Vorschläge, wie eine Vermögenssteuer oder die Besteuerung nicht realisierter Kapitalgewinne, um diese Probleme anzugehen. Die Studie von Prof. Scheuer und Koautoren äussert jedoch Zweifel an diesen Ansätzen, da sie möglicherweise keine optimale Umverteilung erreichen und die wirtschaftliche Gerechtigkeit schädigen könnten, indem sie nicht realisierte Gewinne besteuern, die aus Gründen schwanken, die nichts mit tatsächlichen Einkünften zu tun haben.

Ein realistischerer und effektiverer Ansatz zur Besteuerung
Das Forschungspapier ist besonders relevant für politische Entscheidungstragende, die nach Wegen suchen, Einkommensungleichheit zu bekämpfen und sicherzustellen, dass die Reichen ihren fairen Anteil zahlen. Basierend auf der dynamischen Natur von Vermögenspreisen, schlagen Prof. Scheuer und Koautoren einen realistischeren und effektiveren Ansatz zur Besteuerung vor. Ihre Ergebnisse stellen traditionelle Ansichten in Frage und legen nahe, dass Steuerpolitiken flexibel und reaktionsfähig auf Marktveränderungen sein sollten.

Quelle:
Putting the ‘Finance’ into ‘Public Finance’: A Theory of Capital Gains Taxation (PDF, 1 MB)
with Mark Aguiar and Benjamin Moll, Working Paper, June 2024

Presse:
Die niedrigen Steuern der Milliardäre Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.7.24 (mit Abo)https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arm-und-reich/steuern-fuer-milliardaere-wieso-sie-so-niedrig-sind-19836907.html

 

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